Können iPads in Kindergärten das Lernen von Kindern unterstützen?
Es gab bisher viele Versuche mit Computern in Kinderzimmern, Kindertagesstätten und Grundschulen. Keiner davon hat mich wirklich überzeugt. Dies liegt vor allem daran, dass ein herkömmlicher Computer nicht selbstverständlich in die Lebenswelt und die Handlung der Kinder eingebaut werden kann. Er ist ein Fremdkörper in ihrer Umwelt, der nach anderen Regeln funktioniert, wie die sonstigen Dinge in ihrer Umgebung.
Man muss zurückhaltenden mit „Computer- und Bildschirmzeit“ bei kleinen Kindern umgehen. Für Kinder unter drei Jahren sind Computer, interaktive Spielcomputer oder andere Bildschirmgeräte nicht geeignet. In dieser Lebensphase müssen die wirklichen, die anfassbaren Dinge der Welt erforscht werden. Kinder müssen zwischen Menschen und Dingen unterscheiden lernen, zwischen hart und weich, schwer und leicht, heiß und kalt, süß und sauer, vor und hinter unterscheiden können, die Schwerkraft erkennen, Größen, Höhen und Bewegung einschätzen lernen, Orientierung in Räumen und Gebäuden finden, Freude, Trauer, Wut und Angst selbst fühlen und viele andere Dinge der realen Welt begreifen und verstehen lernen. Eine virtuelle Welt verwirrt in diesem Alter, lässt Kinder falsche Zusammenhänge, Gefühle und Naturgesetze lernen. Später muss alles mit viel Mühe korrigiert werden.
Aufgabe von Eltern und Pädagogen ist es den Zugang zu Bildschirmmedien und interaktiven Geräten zu steuern und in einer sinnvollen Weise so zu nutzen, dass der Umgang der Kinder für sie einer Forschungsreise gleicht, sie, auf der Basis des Wissens um die wirklichen Dinge der Welt, fordert etwas zu lernen und sie nicht bloß konsumieren lässt. Dies war mit den bisherigen technischen Möglichkeiten für Kinder zwischen drei und sieben Jahren nur schwierig zu realisieren.
Die Einführung des iPads hat die Bedienung und Integration von Computern radikal verändert. Alles was man zum Bedienen braucht, sind die eigenen Finger und dort, wo man etwas antippt, zoomt oder drückt, dort passiert die Reaktion. Dies entspricht eher der Lebenswelterfahrung von Kleinkindern.
Weiterhin lässt sich das iPad einfach in die Lebenswelt integrieren – ob man auf dem Sofa oder im Stuhlkreis sitz, ob man im Wald ist, in der Bauecke oder auf dem Spielplatz – das iPad lässt sich problemlos mitnehmen und in Kinderhand benutzen. Es entsteht keine künstliche Situation an einem Arbeitsplatz, der eigentlich in der Erwachsenenwelt zu Hause ist.
Beobachtet man Kinder im Umgang mit dem iPad und passender Apps, dann nimmt man die Neugier und Freude der Kinder wahr, die Geheimnisse dieser „Kiste“ zu erkunden. Spaß und Ansporn ist von jeher die beste Unterstützung des Lernens und lässt sich wunderbar für die Entwicklung des Kindes nutzen.
Ich sehen das iPad als ein Werkzeug, ein Tool im Werkzeugkoffer der Kinder, um mehr von der Welt zu entdecken und sich selbst ausdrücken zu können. Die Vielseitigkeit des iPads ergibt sich aus der schier endlosen Anzahl an Apps, die je nach Bedarf kostenfrei oder gegen Gebühr erworben werden können.
Das iPad fördert im besonderen Maß die Kreativität von Kindern. Erstmals können sie selbstverständlich und eigenbestimmt mit Fotos und Filmen selbst umgehen. Sie erzählen Geschichten aus ihrer Welt und dokumentieren ihr Leben und Entwicklungen selbst. Vieles davon kann man zum Beispiel prima in die Portfolioarbeit von Kindertagesstätten einbinden. Kinder, die eine Sammlung ihrer Werk, Bilder und Begebenheiten besitzen, sehen in der Rückschau mit Eltern und Erzieherinnen ihre eigene Entwicklung, ihre hinzugewonnenen Fähigkeiten und ziehen daraus viel Stolz und Motivation das Leben weiter zu erkunden.
Das iPad ist in besonderem Maße für die Erforschung durch die Kinder geeignet, da man außer der Glasscheibe nichts kaputt machen kann. Jegliche Änderungen oder Löschen, was durch die Kinder unbeabsichtigt passieren könnte, lässt sich durch Eltern und Pädagogen leicht wiederherstellen. Bestimmte Funktionen, wie z.B. der Kauf von Apps, lassen sich auch ganz deaktivieren. Dies vereinfacht den Umgang mit dem Gerät im erzieherischen Alltag.
Die Praxis zeigte auch, dass die meisten Kinder vorsichtig mit den Geräten umgingen. Es ist wie so oft mit Kindern: Wählt man das richtige Setting, gibt ihnen eine sinnvolle Beschäftigung oder Aufgabe, dann bekommt man Vertrauensvorschuss, wie das anvertrauen eines teuren Geräts, meist zurück gezahlt.
Lässt man Kinder das iPad ausprobieren, gehen sie auf eine Forscherreise. Sie entdecken, verwerfen, rätseln, beraten und beobachten sich selbst und die anderen bei der Bedienung und lernen somit voneinander, was bekanntlich eine der effektivsten und nachhaltigsten Lernmethoden ist.
Wichtig ist, dass nicht jedes Kind ein eigenes iPad nutzt oder Kinder sich nur allein damit beschäftigen. Das iPad ist ein Werkzeug, dessen Geheimnisse und Aufgaben in Kinderhand kollaboratives Handeln herausfordern soll. Die Praxis hat gezeigt, dass Kinder lernen sich abzusprechen, Rücksicht zu nehmen, Lösungen zu diskutieren, gemeinsame Entscheidungen zu treffen und Konflikte über die Nutzung, Bedienung und Entscheidung auszutragen.
Wichtig ist, dass man das iPad nicht als „Kinderpark- und Beschäftigungsstation“ einsetzt, sondern dessen Möglichkeit als Werkzeug nutzt, um Medieninhalte zu erforschen, den Umgang und die Steuerung solcher Tablet-PCs zu erlernen und die Kinder selbst Kreatives gestalten zu lassen.
Die Nutzung muss sicherlich zeitliche begrenzt werden und der Einsatz sollte geplant sein, um ein Lernziel zu erreichen. Dann kann ein Tablet-PC eine bereichernde Wirkung für die kindliche Entwicklung haben.